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Aufwärts! - Denkmal für die gefallenen Soldaten aus Gießen

Objekt: Aufwärts! - Denkmal für die gefallenen Soldaten aus Gießen , ursprgl. als Brunnen konzipiert
Standort: Neues Schloss, Landraf-Philipp-Platz | Standort in der Karte
Stadtteil/Bezirk: Innenstadt, Brandplatz
Künstler: Wilhelm Heidwolf Arnold (1897-1984) mit Architekt Philipp Nikolaus, Gießen
Material: Stein
Entstehung: Kunst-Wettbewerb, Auftrag 116er Reservisten-Verband
Aufstellung: Sept. 1925 enthüllt und Übergabe an Stadt
Eigentümer: Stadt Gießen

Beschreibung: Das Gefallenen-Denkmal am Landgraf-Philipp-Platz zeigt einen knieenden Mann, dessen Nacktheit nur von einem Lendentuch verdeckt ist. In der bildhauerischen Tradition seit der Antike ist das Nackte die Darstellung der Über-Individualität, oft im Zusammenhang mit der Verehrung von Vorbildern (Idole, Helden). Die Figur kniet auf einem mehrfach erhöhten Sockel, der wiederum in einem steinernen Rund steht, das als Wasserbecken geplant war. Das komplexe Werk schuf der heimische Bildhauer Wilhelm Heidwolf Arnold.
Während der Körper parallel zur Straße ausgerichtet ist, ist das Gesicht dem Brandplatz zugewendet, der Blick geht nach unten. Dort liegt ein Soldatenhelm auf einem kleinen Sockel, die Finger der linken Hand berühren den Helm leicht. Die rechte Hand der Figur liegt locker auf dem aufgestellten rechten Oberschenkel. Die kraftvolle Gestalt scheint sich jeden Moment erheben zu wollen. Dieser Eindruck wird bekräftigt durch die Sockelinschrift an der Vorderseite "Aufwärts!".
Weitere Inschriften mit Reliefdarstellungen befinden sich am quadratischen Bodensockel.
Auf der der Straße zugewandten Seite prangt in der Mitte ein Schild mit großem W, das für Kaiser Wilhelm steht. Das Schild hat eine dezente Umrahmung von Lorbeerzweigen und ist flankiert von sitzenden Löwen. Deren symbolische Wächterfunktion ist durch die nach außen gedrehten Köpfe verstärkt.
Auf der dem Brandplatz zugewandten Seite sind drei Schilde zu sehen, dazwischen Zweige mit Eicheln und Eichenblättern. Auf den Schilden die Inschriften (von links):
Grenadier-/ Regiment 116;
1914-1918 / Den Gefallenen / 1939-1945;
Seine Feld-/ Einheiten.
Auf der stadtauswärts gerichteten Seite sind wiederum drei Schilde zu sehen, darin die Nummern der heimischen Infanterie-Regimenter (von links):
R.-I.-R. / 222 / R.-I.-R. / 254;
I.-R. / 186 u 390 / I.-R. / 418;
R.-I.-R. / 116 / L.-I.-R. / 116.
Die Rückseite ist leer, wobei im Stein sichtbar ist, dass die Fläche abgeschlagen wurde. Ein historisches Foto zeigt, dass darauf marschierende Soldaten in stilisierter Form dargestellt waren.
Maße: unterer Sockel 3,10 x 3,10 Meter; Höhe inkl. Figur 5,20 Meter; Durchmesser Wasserbecken 10 Meter.

Entstehung des Denkmals: Die Reservistenvereine der Regimenter aus Gießen und Umgebung setzten sich nach Ende des Ersten Weltkriegs für die Schaffung eines Gefallenen-Denkmals ein und suchte dafür die Zusammenarbeit mit der Stadt. Die erste Herausforderung war die Findung des passenden Ortes. Zunächst wollte man das Denkmal in den Grünzug zwischen Licher Straße und Altem Friedhof stellen. Letztlich entschied die Kommission für den Standort zwischen dem Zeughaus, das längst Stadtkaserne war, und dem Lazarettgebäude in der Braugasse (heute modernisiert zu Büro- und Wohneinheiten). Den Aufrufen zur Geldspende folgte die Gießener Bevölkerung bereitwillig. Den Kunst-Wettbewerb gewann der Gießener Bildhauer Wilhelm Heidwolf Arnold. Das Wasserbecken wurde schon 1928 trockengelegt, da es Probleme mit der Abdichtung und zuviel Missbrauch gab.
Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ die hiesige US-Militärregierung die Embleme abschlagen, wie an allen Denkmälern. 1947 protestierte der Oberhessische Künstlerbund, auf Hinweis des Künstlers, gegen die Verstümmelung eines Kunstwerks. 1952 verschärften die Reservisten den Protest. 1955 folgte ein erneuter Aufruf zum Geldsammeln, der auch von der Stadt unterstützt wurde. Der vorherige Zustand sollte weitgehend wiederhergestellt und nun auch an die Toten des Zweiten Weltkriegs erinnert werden. Die Sockel-Rückseite ließ man leer.

Künstler-Vita: Wilhelm Heidwolf Arnold wurde 1897 in Beuern (Ortsteil Großen-Buseck) geboren als Sohn eines Landwirts und Steinmetzen. Die Ausbildung zum Bildhauer erhielt er bis 1914 als Stipendiat auf der Darmstädter Mathildenhöhe bei Heinrich Jobst, dem Erschaffer der Brunnenanlage im Kurbad von Bad Nauheim. Arnold wechselte zu den technischen Lehranstalten in Offenbach, studierte Malen und Schriftzeichnen, seine Auseinandersetzung mit dem Expressionismus begann. 1916-1918 war er als Soldat eingezogen. 1919 arbeitete er wieder mit Heinrich Jobst, ab 1920 hatte er seine eigene Werkstatt im elterlichen Garten. In den folgenden Jahren verdiente er seinen Unterhalt mit Gefallenen-Denkmälern (12) in Oberhessen.
Seit der Heirat 1926 wohnten er und seine Frau Emmi in Allendorf. In der NS-Zeit zog er sich zurück, wurde noch einmal als Soldat eingezogen. Zurückgekehrt widmete er sich der Malerei. Ab Mitte der 50er Jahre erhielt er wieder Aufträge für Skulpturen und Büsten, schuf Denkmäler für die Toten des Zweiten Weltkriegs. Zu seinem 80. Geburtstag 1977 widmete ihm die Handels- und Gewerbebank Gießen eine große Ausstellung. Er starb 1984 in Allendorf. Wohnhaus und Atelier wurden zum Museum mit Gaststätte.
Weitere Werke in Gießen: Sitzender vor dem Eingang Landgraf-Ludwigs-Gymnasium (LLG), Grabstein Haggenmüller-Schneider-Wolf auf dem Friedhof am Rodtberg (Abt.2); im Umland weitere Denkmäler.

Literaturhinweise:
- zu Gefallenen-Denkmälern allgemein: Monika Vogt, Suche Frieden und jage ihm nach. Begegnungen mit der Denkmalkultur in Hessen, Landesamt für Denkmalpflege zum Tag des offenen Denkmals 2005.
- zur Entstehung des 116er Denkmals in Gießen: Mappe im Stadtarchiv
- zum Künstler: www.wilhelm-heidwolf-arnold.de; Künstlerhof Arnold in Allendorf/Lumda, heute Ateliermuseum und Gaststätte; Gießener Allgemeine 02.12.1961 zur Skulptur am LLG und Atelierbesuch; Gießener Anzeiger 17.01.1977 zur Ausstellung in der Handels- und Gewerbebank Gießen.

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